Oft sind es immer die gleichen Themen, die bei Eltern und ihren pubertierenden Kindern manchmal täglich zu Konflikten führen: Unordnung und Schlamperei, fehlende Mithilfe im gemeinsamen Haushalt, die Ausgehzeiten, Freizeitwünsche, Kleidung, Haare, Aussehen, die (falschen) Freunde, schlechte schulische Leistungen oder Rauchen, Drogen und Alkohol – umfangreiches Potential für Streit bietet sich also genug. Wie Sie und Ihr Kind diese Konflikte unbeschadet überstehen und an konstruktiven Lösungen arbeiten können, erfahren Sie nun hier.
Auch wenn diese Auseinandersetzungen alltäglich sind, so gleiten sie manchmal doch sehr schnell ins Grundsätzlich-Allgemeine ab und nicht selten verlieren sich Kinder wie Eltern zunächst in wortgewaltigen Ausbrüchen, um dann in beleidigter Sprachlosigkeit zu enden. Das muss nicht sein, auch wenn es keine Patentrezepte für Krisen- und Konfliktgespräche gibt. Deren Verlauf hängt nämlich nicht nur vom guten Willen aller Beteiligten, sondern häufiger und ganz banal von der Tagesform ab: Ist man gut drauf, geht alles wie von selbst. Ist einem eine Laus über die Leber gelaufen, fällt ein Reizwort und die Situation eskaliert. Aber es gibt einige Grundsätze, die dazu beitragen können, Konflikt- und Krisengespräche nichts ins Gefühlschaos oder in den Beziehungsclinch abgleiten zu lassen.
Führen Sie Konfliktgespräche nur in entspannter Atmosphäre!
Solche Gespräche brauchen Zeit. Meist will man in einer Krisensituation ein Problem lösen, sich über etwas auseinandersetzen. Unter Anspannung und Stress kommt aber kein Ergebnis heraus. Aus-einander-setzen – dies wird von den Beteiligten häufig nicht praktiziert, sondern die Beteiligten bleiben in der Hitze des Wortgefechts zusammen. Solche Nähe ist kontraproduktiv und lässt Chancen für Lösungen nicht zu, weil man sich „verhakt“ oder „verklebt“ hat. Lösung – dieses Wort ist zunächst wörtlich zu nehmen. Dann heißt es, sich erst mal räumlich zu trennen. Also gönnen Sie sich und Ihrem aufgebrachten Kind eine Pause voneinander und wenn möglich, dann unternehmen Sie am gleichen Tag einen neuen Anlauf in entspannter Atmosphäre.
Suchen Sie nicht nach einem Schuldigen, suchen Sie nach einer Lösung!
Konfliktgespräche scheitern häufig, weil sie rückwärtsgewandt sind. Das heißt, man hält nach Ursachen und Schuldigen Ausschau, anstatt sich intensiv um eine Lösung zu bemühen. Oft hagelt es bei solchen Gesprächen gegenseitige Schuldzuweisungen und um die eigene Position zu stärken, werden Beispiele und Situationen für das Fehlverhalten des anderen ausgegraben, die teilweise Jahre zurückliegen.
Unser Rat: Sparen Sie sich das Kapitel „Schuldzuweisung“ komplett!
Begeben Sie sich besser sofort auf die Suche nach einer geeigneten Lösung des Konflikts, so sparen Sie und Ihr Kind eine Menge Zeit und Kraft.
Verlangen Sie nicht die sofortige Einsicht Ihres Kindes!
Jugendliche, die in einem Konfliktgespräch sofort Verstehen signalisieren und auf jede Absprache eingehen, reagieren allzu beflissen und angepasst. In der Folgezeit setzen sie jedoch die Vereinbarungen oft gar nicht, oder nur selten um. Heranwachsende benötigen Zeit, um das Gehörte zu verarbeiten, und sie müssen ihr Gesicht wahren. Wenn Jugendliche eine Vereinbarung sofort akzeptieren, können sie das auch als Niederlage, als Bevormundung, empfinden, was Rache- oder Vergeltungsphantasien gegenüber Eltern auslösen kann. Lassen Sie sich also trösten: Wenn Heranwachsende Ihre Aussagen nicht widerspruchslos hinnehmen, dann zeugt das auch von Selbstbewusstsein. Für mich sind diese Reibungen natürlich und altersgemäßer als Reaktionen, die elterliche Anweisungen mit einem „Jawohl, Mama!“ oder „Jawohl, Papa!“ beantworten. Pubertierende verrennen sich in bestimmte Sichtweisen: „Ich muss immer machen, was ihr wollt.“ – „Ich darf nie.“ Doch ist das nicht ihr Vorrecht, auch Erwachsene entwickeln nicht selten nur eine Sicht der Dinge, die oft schwer zu verändern ist.
Halten Sie sich an drei Grundregeln von Konfliktgesprächen:
- Es geht im Gespräch um die Klärung nur eines Problems. Das Aufarbeiten mehrerer Probleme führt dazu, sich zu verzetteln. Wenn Sie die nichtgemachten Hausaufgaben zum Anlass nehmen, mit Ihrem pubertierendem Kind zusätzlich über ausufernde Discobesuche oder die „schlimmen“ Freunde zu sprechen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Sie das Gespräch zusätzlich anheizen.
- Unterstellen Sie Ihrem pubertierenden Kind keine Unart, sondern beschreiben Sie wertungsfrei den Sachverhalt. Sätze wie „Du bist faul!“, „Du ziehst dich immer mehr zurück!“ rufen beim Heranwachsenden häufig Gegenreaktionen hervor. Formulierungen wie „Ich finde, du bist sehr nachdenklich in letzter Zeit!“ sind dagegen keine Unterstellung, sondern eine Schilderung des Sachverhalts oder Ihres Eindrucks – aber ohne Wertung! Ihr Kind muss darauf nicht mit Gegenwehr reagieren. Versuchen Sie daher „Du-Formulierungen“ zu vermeiden und mehr „Ich-Botschaften“ zu senden.
- Streben Sie eine Win-Win-Lösung an. Versuchen Sie, so oft es geht und das Thema es zulässt, gemeinsam mit Ihrem Kind eine Win-Win-Lösung zu finden, also eine Lösung, mit der sie beide „leben“ können. Dazu müssen Sie beide kompromissbereit sein und sich offen und ehrlich über ihre gegenseitigen Gefühle, Bedürfnisse und Erwartungen austauschen.
Und zum Schluss…
Konfliktgespräche sollten mit konkreten Absprachen enden, zum Beispiel legen Sie genau fest, wann und wie oft Ihr Kind sein Zimmer aufräumen muss oder wann und wie oft es im Haushalt mithelfen soll. Falls notwendig können Sie getroffene Absprachen auch schriftlich festhalten. Hängen Sie den Zettel dann so auf, dass alle Beteiligten ihn sehen können und so immer wieder an die Vereinbarung erinnert werden.