Worauf sollte ich achten, wenn ich mit dem Lehrer rede?

Kinder haben ein dumpfes Gefühl im Magen, wenn ein Vokabeltest ansteht oder eine Mathearbeit geschrieben wird. Eltern haben solch ein ungutes Gefühl mitunter, wenn sie sich auf den Weg zu einem Lehrer- Gespräch befinden. War in der Grundschule noch alles im „grünen Bereich“ und der Elternsprechtag eine nette Plauderei, so müssen Eltern während der Pubertät ihres Kindes leider manchmal eher unangenehme Gespräche mit den Lehrern ihres Nachwuchses führen. Bei vielen Eltern fließt dabei eine besondere Mischung aus Verzweiflung, Wut, Respekt, Verachtung, eigenen Schulerfahrungen und Vorurteilen mit in das Gespräch ein. Für Lehrer sind solche Gespräch dann oft sehr schwierig, einerseits weil ihnen diese ungefilterten Gefühle der Eltern oft mit voller Wucht entgegenprallen. Andererseits, weil die hinter den Gefühlen stehenden Botschaften meist nicht leicht zu entschlüsseln sind. Damit Ihre Gespräche mit Lehrern zur beiderseitigen Zufriedenheit und vor allem zum Wohle Ihres Kindes verlaufen, erhalten Sie hier 14 hilfreiche Gesprächs-Tipps.    

Grundsätzlich sind die meisten Lehrer dankbar, wenn Eltern Interesse an der schulischen Entwicklung Ihres Kindes zeigen. Manche Eltern übertreiben es damit sicher auch und suchen schon bei kleinsten Problemen den Kontakt zum Lehrer. Andere Eltern erscheinen hingegen nicht einmal dann zum Elternsprechtag, wenn es wirklich nötig wäre. Bei welchen Schwierigkeiten ist nun ein Gesprächstermin mit dem Lehrer angebracht?

  • Bei negativer Veränderung der schulischen Leistungen: Ob nur in einem oder gleich in mehreren Fächern – zeigen die Noten Ihres Kindes einen unübersehbaren „Negativetrend“, sollten Sie das Gespräch mit dem entsprechenden Lehrer suchen und geeignete Maßnahmen besprechen.
  • Bei auffallenden Verhaltensänderungen: Verhält sich Ihr Kind zu Hause seit einiger Zeit anders als sonst, ist es zum Beispiel aggressiv oder zieht sich häufig zurück, wirkt Ihr Kind traurig, anhaltend unkonzentriert oder ängstlich, dann betreiben Sie gemeinsam mit dem Lehrer Ursachenforschung.

Die Ursachen für einen kontinuierlichen Leistungsabfall oder für plötzliche Verhaltensänderungen können sehr unterschiedlich sein. Manchmal sitzt Ihr Kind vielleicht nur zu lange neben dem „falschen“ Klassenkameraden oder hat ganz einfach Liebeskummer, manchmal können aber auch sehr ernste Gründe, wie zum Beispiel Prüfungsängste, Mobbing und Drohungen durch Mitschüler, Drogenprobleme, Computersucht etc. für Schwierigkeiten verantwortlich sein.

Nehmen Sie Veränderungen im erklärten Sinne war, ist es wichtig, dass Sie möglichst bald reagieren. Suchen Sie zunächst das Gespräch mit Ihrem Kind, dann aber auch mit den Lehrern. Die folgenden Tipps können Ihnen dabei helfen:

Tipp 1: Verabreden Sie einen passenden Termin!
Klingt zwar selbstverständlich, ist es aber leider nicht immer. Überfallen Sie den Lehrer nicht auf dem Schulhof, sondern vereinbaren Sie einen Gesprächstermin und erklären Sie vorab, worum es geht.

Tipp 2: Bringen Sie ausreichend Zeit mit!
Es wäre schade, wenn sich der Lehrer Ihres Kindes Zeit nimmt, Sie aber pünktlich das Gespräch beenden müssen, weil der nächste Termin drückt. Bringen Sie also genug Zeit mit,  denn es ist nicht immer genau absehbar oder planbar, wie lange solche Gespräche dauern. Andererseits sollten Sie einen bestimmten zeitlichen Rahmen aber auch nicht überschreiten. Klären Sie zu Beginn des Gesprächs, wie viel Zeit zur Verfügung steht und bleiben Sie dann möglichst bei der Sache, sonst kann das Gespräch schnell unproduktiv werden.

Tipp 3: Verkneifen Sie sich jedes aggressive Verhalten!
Auch wenn Sie (vielleicht zu Recht) sauer auf den Lehrer Ihres Kindes sind oder generell keine besonderen Sympathien für die Lehrkraft hegen, so sind doch alle Schuldzuweisungen, Angriffe oder Vorwürfe tabu! Halten Sie Ihre Gefühle in Schach und bleiben Sie sachlich. Druck erzeugt in der Regel nur Gegendruck. Ein entspanntes Gespräch zum Besten Ihres Kindes ist nach einer solchen „Kampfansage“ kaum möglich.

Tipp 4: Zeigen Sie Ihre Wertschätzung – bleiben Sie freundlich!
Die richtig „harten Brocken“ oder betont „coolen Lehrertypen“ erreichen Sie oft nur so: Seien Sie nicht nur freundlich, sondern bringen Sie, im übertragenen Sinne, gleich einen ganzen Blumenstrauß an Freundlichkeit mit. Wertschätzen Sie die Arbeit und Leistungen des Lehrers. Das tut der geschundenen Lehrerseele gut und erhöht die Bereitschaft, sich mit Ihnen zu unterhalten. Das Licht, das oft sehr pauschal von den Medien auf die deutsche Lehrerschaft geworfen wird, ist meist nicht besonders gut und fördert zusätzlich die Vorurteile der Eltern. An den wenigsten Lehrern geht dies spurlos vorbei.

Tipp 5: Fragen Sie nach der Sicht des Lehrers!
Daher überprüfen Sie grundsätzlich Ihre Sicht auf die Lehrer Ihres Kindes und vermeiden Sie Vorurteile. Beschreibt Ihr Kind sein Verhalten im Unterricht zum Beispiel als nett und engagiert, so fragen Sie erst den Lehrer nach seiner Sicht, bevor Sie sich ein Bild machen. Manch ein Kind verhält sich in der Schule tatsächlich ganz anders – negativ wie positiv -, als seine Eltern vermuten. Sind Ihre Kinder zu Hause unverbesserliche Streithähne, so sind sie in der Schule vielleicht die besten Streitschlichter. Oder ist Ihr Kind zu Hause sehr lebhaft, will immer im Mittelpunkt stehen und macht gerne auf sich aufmerksam, so kann es trotzdem sein, dass es im Unterricht sehr ruhig ist und sich freiwillig nur selten beteiligt.

Tipp 6: Begeben Sie sich in die Rolle des Vermittlers!
Verstehen Sie sich grundsätzlich bei Lehrer-Gesprächen eher als Vermittler. Ergreifen Sie also nicht gleich die Partei Ihres Kindes, schlagen Sie sich aber auch nicht unwiderruflich auf die Seite des Lehrers. Hören Sie sich zunächst beide Seiten des Problems an und besinnen Sie sich und allen anderen immer wieder darauf, dass es ein gemeinsames Ziel gibt: einen Schüler, Ihr Kind, dass mit seinen Leistungen zufrieden ist und sich in der Schule wohl fühlt.

Tipp 7: Stellen Sie Fragen und hören Sie zu!
Um einen genauen Eindruck von Ihrem Kind im schulischen Umfeld oder ein möglichst umfassendes Bild zu einer bestehenden Problematik zu bekommen, sollten Sie dem Lehrer Fragen stellen. Hören Sie ihm beim Beantworten Ihrer Fragen aufmerksam zu und fallen Sie ihm nicht ins Wort. Vergewissern Sie sich, ob Sie ihn richtig verstanden haben, indem Sie nachfragen und Fragen vertiefen.

Tipp 8: Bereiten Sie sich gegebenenfalls schriftlich vor!
Manchmal fällt uns erst wieder ein, was genau wir noch fragen und besprechen wollten, wenn wir schon wieder auf dem Weg nach Hause sind. Das ist ärgerlich. Wenn Sie Sorge haben, dass Ihnen das auch passieren könnte, dann schreiben Sie sich im Vorfeld des Gesprächs alles auf, was Ihnen wichtig ist. Lassen Sie den Zettel dann ein oder zwei Tage liegen, überfliegen anschließend nochmal Ihre Fragen und ergänzen und ordnen sie eventuell ein wenig.

Tipp 9: Reden Sie vorab mit Ihrem Kind!
Sofern Ihr Kind dazu Bereitschaft signalisiert, ist die beste Vorbereitung auf ein Lehrer-Gespräch sicher eine Unterredung mit Ihrem Kind. Lassen Sie Ihr Kind das Problem aus seiner Sicht schildern, betreiben Sie gemeinsam Ursachenforschung, suchen Sie nach Lösungen. Besprechen Sie den möglichen Beitrag des Lehrers zur Lösung des Problems: Wie kann er unterstützen? Wo kann er klären? Überlegen Sie, ob Ihr Kind an dem Lehrer-Gespräch teilnehmen soll, wenn ja, fragen Sie Ihr Kind danach, ob es das möchte.

Tipp 10: Informieren Sie den Lehrer und seien Sie ehrlich!
Um verändertes Verhalten oder einen Leistungsabfall Ihres Kindes richtig deuten zu können, sind Lehrer manchmal auch auf Informationen von Ihnen angewiesen, Ist zum Beispiel bei Ihnen in der Familie jemand länger erkrankt, die Eltern trennen sich oder ein Geschwisterkind wird geboren – solche und andere Veränderungen können sich auf die Leistung und das Verhalten ihres Kindes auswirken. Seien Sie ehrlich und verheimlichen Sie solche wichtigen Informationen nicht, denn nur so können die Lehrer Ihr Kind auch richtig unterstützen.

Tipp 11: Suchen Sie gemeinsam nach Lösungen  und Maßnahmen!
Möchte Ihr Kind seine schulischen Leistungen nun wieder verbessern, dann suchen Sie gemeinsam mit dem Lehrer nach umsetzbaren Lösungen und Maßnahmen. Vor allem an der Ausarbeitung solcher Lösungsvorschläge, sollte Ihr Kind beteiligt sein. Nur wenn Ihr Kind diese Ideen, wie zum Beispiel einen Sitzplatzwechsel, zusätzlich Nachhilfe oder Förderstunden, ein „freiwilliges“ Referat etc. mitträgt, kann es auch erfolgreich sein.

Tipp 12: Vereinbaren Sie realistische Ziele!
Achten Sie darauf, dass die gesetzten Ziele auch erreicht werden können. Ist Ihr Kind zum Beispiel Opfer ständiger Hänseleien gewesen, dann wäre es unrealistisch, Ihr Kind in einem halben Jahr als Klassensprecher zu sehen. Ein realistisches Ziel wäre hier, dass Ihr Kind nicht mehr geärgert und in Ruhe gelassen wird.

Auch bei der Formulierung von Notenzielen sollten Sie, der Lehrer und Ihr Kind vorsichtig sein. Ziele setzen ist wichtig, damit der „Motor“ in die richtige Richtung läuft, aber die Vorgabe muss für Ihr Kind auch erreichen sein. Superman oder Superwoman werden nicht über Nacht geboren. Bevor sich Leistungsverbesserungen direkt in der Note niederschlagen, müssen oft erst große inhaltliche Lücken geschlossen werden und das Zutrauen in das eigene Können muss wieder wachsen. Das braucht Zeit. Ist dann das gesetzte Notenziel zu hoch, ist Ihr Kind schnell frustriert und gibt auf, obwohl es sich eigentlich auf dem richtigen Weg befindet.

Tipp 13: Verabreden Sie einen neuen Gesprächstermin!
Sind Sie sich mit dem Lehrer Ihres Kindes über eine Lösung des Problems einig geworden, dann verabreden Sie einen neuen Termin, an dem die Wirksamkeit der Vereinbarung geprüft wird. So haben alle ein zeitliches Ziel, auf das hingearbeitet werden kann.

Tipp 14: Wenn der Lehrer „blockt“, wenden Sie sich an die Schulleitung!
Haben Sie es tatsächlich mit einem völlig unzugänglichen Vertreter der Lehrerschaft zu tun und alle Ihre freundlichen Gesprächsversuche stoßen auf Gegenwehr oder versanden tatenlos, dann bleibt Ihnen noch die Möglichkeit, einen Brief an die Schulleitung zu schreiben. Bleiben Sie auch hier freundlich und sachlich und begründen Sie Ihre Bedenken wohlüberlegt.